Paul
Schultze-Naumburg hatte als Reformer begonnen. Im Jahre
1893 schloß er sich der Münchner
Sezession an, 1897
trat er der Berliner
Sezession
bei, 1907 war er Gründungsmitglied des Deutschen
Werkbundes. Seine Gesinnung wandelte sich vom leidenschaftlich argumentierenden, eher konservativen Lebens- und Kulturreformer zum immer mehr aggressiven Kulturkämpfer, bis er sich nach 1918 derart radikalisierte, dass seine Wünsche nach einer Gesundung von Kultur und Umwelt in rasse- und kulturbiologische Szenarien einer Reinigung und Säuberung von allem Entarteten umschlugen. |
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Porträt Paul Schultze-Naumburg 30er Jahre |
Als in den
Zwanziger Jahren der Werkbund immer stärker von
Vertretern der Moderne dominiert wurde, verließ ihn
Schultze-Naumburg 1927 mit anderen, z. B. den Architekten
Paul Bonatz und Paul Schmitthenner. Als Gegenpart gründeten sie den an traditionellen Architekturkonzepten ausgerichteten Block, der sich darüber hinaus alternativ gegen den Ring (Zusammenschluss der Anhänger des Neuen Bauens) wendete. |
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Gründungsveranstaltung
des »Block« 1928 in Saaleck; v.links nach rechts: Albert Gessner, Grete Schultze-Naumburg, Paul Bonatz, Hans F. K.Günther, unbekannt, Heinz Stoffregen, unbekannt, Marie Charlotte Schmitthenner, unbekannt, Paul Schmitthenner, unbekannt |
Die Block-Gründung, bei der Schultze-Naumburg zum Vorsitzenden gewählt wurde, erfolgte 1928 in Saaleck. |
Der Block
blieb jedoch weitgehend eine Papiergeburt. Ganz anders
verhielt es sich mit dem Kampfbund
für Deutsche Kultur (KfdK) den Alfred Rosenberg leitete. Dieser
Kampfbund war 1933 als Mitinitiator an den berüchtigten Bücherverbrennungen in Deutschland beteiligt. Am 4. Januar 1928 unterschrieben der nationalsozialistische Politiker und Chefideologe Alfred Rosenberg, sowie Heinrich Himmler, Reichsorganisationsleiter Gregor Strasser, Reichsgeschäftsführer Philipp Bouhler, Reichsschatzmeister Franz Xaver Schwarz und der Fabrikant Wilhelm Weiß das Gründungsmemorandum der neuen Organisation, die anfangs den Namen Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur trug. Aus einer Liste mit achtzehn Förderer die die Gründung öffentlich unterstützten ist ersichtlich dass acht davon Hochschullehrer waren, die übrigen, meistens aus dem Richard Wagner-Kreis (siehe auch: Winifred_Wagner) kamen. Es handelte sich um Verleger, Theaterintendanten, Schriftsteller und Pfarrer. Ab Oktober 1928 trug die Organisation dann offiziell die Bezeichnung Kampfbund für deutsche Kultur. Die Anziehungskraft dieser Organisation im Lager der Völkischen und kulturell unzufriedenen Bildungsbürger entspross im Gegensatz zu Bekundungen anderer, ähnlich gesinnter Verbände der (damals) glaubhaften Verheißung, auf kulturellem Gebiet die Initiative zu ergreifen, um eine reine deutsche Kultur wiederherzustellen. Erreicht werden sollte das durch die Installierung von Ortsgruppen, geschickt inszenierten nationalen Feier- und Gedenktagen, vor allem aber durch zahlreiche Agitations- und Vortragsveranstaltungen, bei denen der Kulturverfall scharf anzuprangern war. |
Schultze-Naumburg trat
dem Kampfbund sogleich 1929 bei und
engagierte sich dort vor allem intensiv als Referent.
Seine Vorträge fasste er unter dem Titel Kampf um
die Kunst 1932 für die Reihe
Nationalsozialistische Bibliothek als Buch
zusammen. Die Vortragsreihe bestand weitgehend aus einem
Zusammenschnitt seiner Argumentationen in den
Kulturarbeiten und in Kunst und
Rasse. Im Jahre 1931 übernahm er den Vorsitz im Kampfbund deutscher Architekten und Ingenieure innerhalb jenen Bundes. Ein Jahr zuvor war sein Eintritt in die NSDAP erfolgt und 1932 wurde er Mitglied jenes letzten Reichstages durch den die Machtergreifung der Nationalsozialisten erfolgte. |
Kurz nach der sog.
Machtergreifung im April/März 1933 durch die
Nationalsozialisten kam es im Zuge einer Aktion
wider den undeutschen Geist zu einer organisierten
und systematisch angelegten Verfolgung jüdischer,
marxistischer, pazifistischer, demokratischer und
humanistischer Schriftsteller. Dabei handelte es sich um eine von der Deutschen Studentenschaft (DSt) geplanten und durchgeführten Aktion die am 12. April begann und deren Höhepunkt am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz und in 21 anderen deutschen Städten durch spektakulär inszenierte öffentliche Bücherverbrennungen erfolgte. Als erste Maßnahme wurden an den Hochschulen Kampfausschüsse wider den undeutschen Geist bebildet, denen zwei Studenten, ein Professor, ein Vertreter des Kampfbundes für Deutsche Kultur und ein Schriftsteller angehörten. Vorsitz hatte ein Führer der jeweiligen Studentenschaft. |
Den Auftakt bildeten am 12. April 1933 die 12 Thesen wider den undeutschen Geist, in denen die Positionen und Ziele der Aktion zusammengefasst waren. Anprangert wurden zudem jüdische, sozialdemokratische und liberale Ideen sowie ihre Vertreter. |
Am 19. April erging ein
Aufruf der DSt-Führung, als weitere Aktion den Kampf
gegen den für unsere deutsche Hochschule
untauglichen Hochschullehrer" aufzunehmen. Fast alle Universitäten beteiligten sich an dieser Aktion und Lehrkörper, Dekane und auch Rektoren unterstützten sie. Es kam zu zu Übergriffen gegen Dozenten, Mitarbeiter der Verwaltung und Mitstudenten, Vorlesungen wurden gestört und boykottiert, Professoren am Betreten ihrer Arbeitsstätte gehindert. |
Am 26. April 1933 begann die Einsammlung des zersetzenden Schrifttums". Jeder Student hatte zuerst seine eigene Bücherei und auch die seiner Bekannten von "schädlichen" Büchern zu säubern. Danach wurden die Universitäts- und Institutsbibliotheken durchsucht. |
Am 9. Mai wurde in einem Rundschreiben an die Einzelstudentenschaften so genannte Feuersprüche versendet, die eine einheitliche symbolische Grundlage für die Bücherverbrennungen des nächsten Tages bilden sollten. |
Der 10. Mai 1933 war dann der Höhepunkt der Aktion wider den undeutschen Geist mit den berüchtigten Buchverbrennungen. Die Bücherverbrennungen selbst wurden von den Deutschen Studentenschaften dem NS-Studentenbund und einigen gleichgeschalteten Verbindungsstudenten durchgeführt. Die Verbrennungen geschahen mit Duldung der Behörden und wurden von Polizei und Feuerwehr sogar begleitet und betreut. |
Es wurden nicht nur zehntausende Werke verfemter Autoren dem Feuer übergeben sondern sie wurden zusätzlich noch auf eine Liste der verbotener Bücher aufgenommen. Nicht nur deutschsprachige Autoren standen auf der Liste, sondern auch französische und sowjetische Autoren. Zu den damals indizierten deutschen Autoren gehörten u. a.: |
Trotz des großen
Aufsehens, das der Kampfbund vor 1933 erregt
hatte, brachte die Machtergreifung der
Nationalsozialisten nicht die Erfüllung
der Wünsche seiner Mitglieder. Zwar setzte man sich für eine Kampagne gegen die Vertreter der Moderne ein und es fanden umfassende Säuberungsaktionen in Ämtern, Schulen und Wohnungsbaugesellschaften statt. Doch Rosenberg unterlag in der Kulturpolitik schließlich seinem Rivalen, dem Propagandaminister Joseph Goebbels. Schon bald nach 1933 ging der Kampfbund in anderen NS-Organisationen auf. Nach dem nationalsozialistischen Regierungsantritt im Januar 1933 wurden dem Kampfbund noch als Nebenorganisation angegliedert: der Verband der freien Volksbühne und der Bühnenvolksbund unter dem Namen Deutsche Bühne e. V.. Ab 1934 wurde der Kampfbund in Nationalsozialistische Kulturgemeinde umbenannt. |
Schultze-Naumburg
konnte trotz seines Bekenntnisses zum NS-Staat im Dritten Reich weder als Kulturpolitiker
noch als Architekt eine bedeutende Karriere machen. Da er sich wegen des Umbaus des Nürnberger Opernhauses mit Adolf Hitler stritt, fiel Schultze-Naumburg in Ungnade. Ab 1935 erhielt er keine größeren Aufträge mehr. Wie andere einstige Wegbegleiter der Nationalsozialisten wurde er zu einem, wenn auch geehrten Außenseiter. |
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Modell des Eingangsbereiches der Nietzsche-Gedächtnishalle in Weimar |
Aufgrund seines
Reichtagsmandates, seiner Mitgliedschaft in der NSDAP,
seiner Einstellung und seiner Lebensweise ab den späten
Zwanzigern, sowie aus Teilen seines schriftstellerischen
Werkes lässt sich Paul Schultze-Naumburg politisch,
psychologisch und soziologisch als einer der Wegbereiter
des nationalsozialistischen Regimes bewerten. Durch seine Mitgliedschaft und seine Funktion als Vorsitzender des "Kampfbundes" war er auch einer der Mitinitiatoren und Mitverantwortlichen für die Bücherverbrennungen von 1933. Mit seinen Büchern Kunst und Rasse und Kampf um die Kunst in den späten zwanziger und in den dreißiger Jahren, als Vorlagenlieferer der Ausstellung "Entartete Kunst" von 1937, sowie der entsprechenden Kontakte (Alfred Ploetz, Hans F. K. Günther) war Paul Schultze-Naumburg zweifelslos an der Ausarbeitung der Nationalsozialistischen Kulturideologie mitbeteiligt. |
174
Seiten, davon 61 in Farbe 243 Bilder Herstellung
und Verlag: ISBN 9783756202447 Ladenpreis: 17 Euro |