Erste
Spuren zur Idee eines Heimatschutzes lassen sich bis weit
ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Bereits 1834 hatte
Preußens Königshaus unter dem Druck der Öffentlichkeit
den Drachenfels im Siebengebirge bei Bad Honnef am Rhein
seinen Eigentümern abgekauft und unter Schutz stellen
lassen. Neuen Zündstoff bekam der Gedanke des Heimatschutzes nach der Reichsgründung von 1871, weil nun Industrie und Verstädterung nicht mehr nur die Großstädte, sondern auch die ländlichen Regionen ergriffen. Als Vater des Heimatschutzgedankens gilt der Komponist und Professor an der Berliner Hochschule für Musik, Ernst Rudorff (18401916). Im Jahre 1880 erschien dessen Aufsatz Über das Verhältnis des modernen Lebens zur Natur, in dem er ein erstes Panorama der Verwüstungen der Landschaft entfaltete, die auf die Industrialisierung zurückzuführen waren. Mit seinem 1897 vorgelegten Buch Heimatschutz hatte er diesem Begriff einen neuen Inhalt gegeben; bis dahin war das Wort Heimatschutz nur im militärischen Zusammenhang verwendet worden. |
||
Porträt Ernst Rudorff (18401916) |
Rudorff
wendete sich, nachdem er die ersten Bände der
Kulturarbeiten kennen gelernt hatte, an
Schultze-Naumburg und schlug ihm eine Zusammenarbeit vor.
Der Erfolg der Kulturarbeiten hatte
Schultze-Naumburg nicht nur zu einem der gefragtesten
Architekten gemacht, sondern auch die Idee des
Heimatschutzes befördert. Im Jahre 1904 kam es zur Gründung des Bundes Heimatschutz zu dessen erstem Vorsitzenden Schultze-Naumburg gewählt wurde. ab 1914 : Deutscher Bund Heimatschutz heute: Bund Heimat und Umwelt in Deutschland Diese neue Organisation war personell und organisatorisch mit dem gesamten Feld der bildungsbürgerlichen Reformbewegungen und deren Vereinen und Verbänden vernetzt. |
Die Arbeitsgebiete des Bundes machen deutlich, wie weit seine Aufgaben gefasst waren. Sie beinhalteten die Denkmalpflege, die Pflege der überlieferten ländlichen und bürgerlichen Bauweisen sowie die Erhaltung des vorhandenen Bestandes, den Schutz des Landschaftsbildes einschließlich der Ruinen, die Rettung der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt sowie der geologischen Eigentümlichkeiten, die Bewahrung und Förderung der Volkskunst von beweglichem Kulturgut bis zu Gebräuchen, Festen und Trachten. |
Nach knapp zehnjähriger
Leitung des Vorsitzes im Bund Heimatschutz
trat Schultze-Naumburg im September 1913 zurück. Diese
Zeitspanne zwischen 1904 und 1914 war wohl eine der
erfolgreichsten Phasen in der Heimatschutzbewegung
überhaupt. Es entstand die Heimatschutzarchitektur auch Heimatschutzstil genannt, modern auch Heimatstil. Es ist ein Architekturstil der architektonischen Moderne, der 1904 erstmals beschrieben wurde und bis 1945 seine Blüte hatte. Außer Schuultze-Naumburg waren noch folgende Architekten Vertreter dieses Baustils: Otto Bubenzer, Theodor Fischer, Rudolph Lempp, Paul Schmitthenner, Julius Schulte-Frohlinde, Heinrich Tessenow, Heinrich Renard, Johann Baptist Schott |
Neue Gesetze zum Schutze der Heimat wurden verabschiedet; sogenannte Bauberatungsstellen bemühten sich im ganzen Land darum, das Niveau im Bausektor zu heben. |
Verbesserungsvorschläge einer Bauberatungsstelle (um 1914) |
In der Denkmalpflege
setzte sich der Gedanke des Ensembleschutzes durch. Nicht
mehr nur die historisch oder ästhetisch hoch bedeutsamen
Werke der Architektur und Kunst sollten geschützt
werden, sondern auch schlichte Architekturwerke, deren
Umgebung und ganze Ortsbilder. Aber trotz aller Erfolge und Anregungen konnte die Heimatschutzbewegung kein wirkliches Umdenken bewirken. Naturzerstörung und industrielle Überformung von Stadt und Land gingen unaufhaltsam weiter. Der Schriftsteller Hermann Löns hatte bereits 1911 erkannt: Die Naturverhunzung arbeitet en gros, der Naturschutz en detail. |
174
Seiten, davon 61 in Farbe 243 Bilder Herstellung
und Verlag: ISBN 9783756202447 Ladenpreis: 17 Euro |